Im Interview erzählt Carmen Camenzind wie sie den Wechsel von Präsenzunterricht zu Online-Unterricht als Lehrperson miterlebte.
Aufgrund eines Corona-Verdachtsfalls in unserer Firma durfte ich bereits eine Woche vor dem offiziellen Start des Online-Unterrichts nicht mehr am Präsenzunterricht teilnehmen. Nach einer kurzen Absprache mit Roland Egli, dem Regionalleiter Zentrum Luzern, entschloss ich mich einen Unterrichtsersatzauftrag zusammenzustellen, so dass die Klasse selbständig den Stoff mittels YouTube-Links, dem Skript und den gestellten Aufgaben erarbeiten konnte. Dies war ein sehr abrupter Umstieg, legte aber den Grundstein für die darauffolgenden Online-Sequenzen. Die Online-Unterrichtssequenzen benötigen in der Vor- und Nachbereitung etwas mehr Zeit und die Kommunikation mit der Klasse ist intensiver. Ich finde mich aktuell gut zurecht und schaue diese Umstellung als spannende neue Herausforderung an.
Die Organisation des Praktikums war mit etwas mehr Arbeit verbunden, da die Studierenden noch Material benötigten. Hierbei zeigte sich die sfb jedoch sehr kooperativ. Glücklicherweise konnten die Studierenden das Material gestaffelt bei der sfb in Emmenbrücke abholen. Das Praktikum habe ich in zwei Teile aufgeteilt: Einen Teil erlernen die Studierenden selbständig, indem sie die gestellten Aufgaben an einem Modell ausprobieren und mich bei Fragen konsultieren oder die Fragen in die nächsten Unterrichtssequenz mitnehmen. Dies gibt den Studierenden im Gegensatz zum Präsenzpraktikum mehr individuell nutzbare Praktikumszeit und die Möglichkeit in ihrem eigenen Tempo die Aufgaben zu lösen oder selbständig die Aufgaben zu erweitern und zu vertiefen, fordert aber gleichzeitig auch viel Selbstdisziplin. Auch für mich bedeutet diese Art der Unterrichtführung mehr Aufwand, da ich innert zwei Tagen möglichst allen Teilnehmenden auf die gestellten Fragen antworte und mich dadurch selbst immer wieder in die Aufgabestellungen hineindenken muss.
Im Präsenz-Online-Praktikum, in welchem wir uns vor allem mit der Programm- und Gerätediagnose des TIAPortal (Totally Integrated Automation Portal) auseinandersetzen, stelle ich sogar fest, dass dies online einige Vorteile bietet. Zu Beginn der Unterrichtssequenz zeige ich die Bedien- und Beobachtungsfunktionen durch das Teilen meines Bildschirms, die Teilnehmenden stellen Fragen und viele zeigen sogar Beispiele. Dadurch dass die Teilnehmenden jeweils ihren Bildschirm teilen und wir die Fragen live in der Klasse besprechen, profitieren alle davon und es entstehen spannende Diskussionen. Wenn Fragen im Präsenzunterricht im Klassenraum auftreten, ist es viel schwieriger einen Bildschirm mit 18 Studierenden zu teilen und die Lösungsfindung aktiv mitzuverfolgen. Meistens ist es so, dass Probleme nur bilateral besprochen werden können und der Rest der Klasse nur am Rande informiert wird.
Eine grössere Herausforderung finde ich den aktuellen Wissensstand aller Studierenden abzufragen, da nicht alle gleich aktiv kommunizieren. In dieser Hinsicht ist man als Lehrperson gefordert bei den Studierenden nachzuhaken und ihnen klar zu machen, dass jeder Teilnehmende für seinen eigenen Lernprozess mitverantwortlich ist.
Ein sehr grosses Plus in diesem ganzen Prozess ist, dass ich eine sehr motivierte Klasse unterrichten darf und somit die Kommunikation und der Austausch sehr angenehm ist. Wichtig war es mir von Anfang an sehr offen mit der Klasse zu kommunizieren, gemeinsam Lösungen zu finden und zu besprechen wie wir gewisse neue Situationen handhaben können. Hierbei habe ich mit Freude festgestellt, dass die Studierenden sehr kooperativ und lösungsorientiert mitarbeiten, sich einbringen und manchmal sogar sehr gute Methoden und Tools kennen, um neue Situationen anzugehen.